NDM in Wetzlar: Dimitrij Ovtcharov erstmals deutscher Meister im Einzel

Eine rundum gelungene Veranstaltung mit über 7000 Besuchern war die deutsche Meisterschaft in der Rittal-Arena in Wetzlar.
Mit Dimitrij Ovtcharov konnte sich der aktuell beste Deutsche im Endspiel gegen Timo Boll mit 4:1 durchsetzen.
Bei den Damen triumphierte Vorjahressiegerin Shan Xioana über Han Ying mit 4:2.
Im Doppel setzten sich die Paarungen Kristin Silbereisen/Shan Xioana und Bastian Steger/Lars Hielscher durch.

Bei 0:2-Satzrückstand und 0:4 in dritten Durchgang droht das Traumfinale für Timo Boll zum Albtraum zu werden. Der Weltranglistenachte nimmt eine Auszeit, besinnt sich und gewinnt mit 11:9. Aber am Ende hat der gefeierte hessische Lokalmatador keine Chance. Dimitrij Ovtcharov gewinnt das Endspiel der 82. Deutschen Tischtennis-Meisterschaften glatt mit 4:1 und verhindert damit den zehnten Triumph seines Kontrahenten, der Boll zum alleinigen Rekordchampion gemacht hätte.

Die mit 3072 Zuschauern erneut ausverkaufte Wetzlarer Rittal-Arena erlebt in diesem überraschend einseitigen, aber dennoch mitreißenden „Duell der Giganten“, so Sportdirektor Dirk Schimmelpfennig, eine Wachablösung im deutschen Tischtennis. Der 25-jährige Dimitrij Ovtcharov, der den sieben Jahre älteren Linkshänder bereits in der Weltrangliste überholt hat, untermauert mit seinem ersten nationalen Titel die neue Vormachtstellung im Land.

„Ich bin fest davon überzeugt, dass Timo den Rekord noch vollmachen wird“, erklärt der strahlende Sieger ohne jede Spur von Understatement. „Dann darfst du aber nicht mitspielen“, entgegnet ihm sein Rivale und „guter Kumpel“ mit einem Hauch von Resignation in der Stimme.

Im Gegensatz zum lockern Vorschlussrunden-4:0 über den nie ins Spiel kommenden Patrick Franziska hätte die ehemalige Nummer eins der Welt schon ihr bestes Tischtennis abrufen müssen, um den in Topform antretenden gebürtigen Ukrainer gefährden zu können. Aber das gelingt dem ungefährdet wie sein Gegner ins von allen erhoffte Finale eingezogenen früheren Gönnerner nur in wenigen Phasen. „Meine Aufschläge waren nicht gefährlich genug“, erklärt der stolze Vater des während des Turniers neben der Spielertribüne im Kinderwagen schlummernden drei Monate alten Töchterchens Zoey Malaya: „Wenn er erst einmal ins Ziehen kommt, dann wird’s ganz schwer. Gegen diesen Druck ist kein Kraut gewachsen.“

So läuft es bereits im ersten Durchgang. Bei 5:10 wehrt Boll, der keinen Coach am Spielfeldrand hat, drei Satzbälle ab, dann ist der 0:1-Rückstand besiegelt. Danach geht es noch schneller. Nach 9:1 und 10:4 gewinnt „Dima“, wie der neue Deutsche Meister von Mitspielern und Gegnern genannt wird, mit 11:4. Die Sprechchöre und das rhythmische Klatschen der Zuschauer beflügeln den angeschlagenen Publikumsliebling. Er kämpft gegen die drohende Abfuhr und gewinnt Satz Nummer drei nach 0:4-Rückstand mit 11:9.

„Es waren doch ein paar mehr Zuschauer auf meiner Seite“, sagt der total aufgeräumte Verlierer lächelnd übers Hallenmikrofon „Danke für die Unterstützung. An euch hat es nicht gelegen“. Es liegt in erster Linie am souveränen Auftritt seines Nationalmannschaftskameraden, der zuvor im attraktiven Halbfinale Abwehrkünster Ruwen Filus geschlagen hat. Nach einem 11:7 und dem 12:10 im am Ende noch mal richtig spannenden fünften Satz reißt Dimitrij Ovtcharov die Arme in die Höhe, klatscht sich mit seinem Gegenüber freundschaftlich ab und fällt seinem Vater Mikhail, der ihn in den Tagen von Wetzlar coacht, herzlich in die Arme.

„Ich bin total überwältigt“ genießt der neue Deutsche Meister das „tolle Gefühl“ und die Ovationen von den Rängen, deren Gunst er mit seiner beeindruckenden Vorstellung in der Rittal-Arena am Ende auch gewonnen hat. (WNZ 03.03.2014)

Ergebnisse:

Damen-Doppel, Halbfinale
Shan/Silbereisen – Bollmeier/Krämer 4:2 (6,4,-9,6,-10,5)
Solja/Winter – Barthel/Mühlbach 4:1 (8,8,4,-13,10)

Finale
Solja/Winter – Shan/Silbereisen 2:4 (7,-9,9,-9,-8,-4)

Damen-Einzel, Halbfinale
Han Ying – Nina Mittelham 4:0 (11,6,6,8)
Shan Xiaona – Irene Ivancan 4:1 (3,9,-8,4,7)

Finale
Shan Xiaona – Han Ying 4:2 (6,10,10,-9,-15,7)
Hinweis: Zeitspiel ab dem fünften Satz beim Stande von 9:7 für Han Ying

Herren-Doppel, Halbfinale
Hielscher/Steger – Christ/Wehking 4:2 (10,4,-8,8,-8,9)
Duda/Mengel – Mohr/Scheja 4:1 (-9,7,5,7,9)
Finale
Hielscher/Steger – Duda/Mengel 4:1 (10,11,9,-10,5)

Herren-Einzel, Halbfinale
Dimitrij Ovtcharov – Ruwen Filus 4:1 (-5,4,8,3,6)
Timo Boll – Patrick Franziska 4:0 (8,8,5,7)

Finale
Boll – Ovtcharov 1:4 (-8,-4, 9,-7,-10)